Vorwort
Auf Gemarkung Rheinmünster befinden sich eine Vielzahl von Baggerseen. Deren Wasserflächen eignen sich grundsätzlich für schwimmende Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen).
Die Nachfragen von Bürgermeister Helmut Pautler hat in der Vergangenheit stets zu ablehnenden Antworten der zuständigen Behörden des Landes Baden-Württemberg geführt.
Begründet wurde die abschlägige Haltung mit dem Hinweis, dass die tatsächlich nutzbaren, größeren Wasserflächen im Bereich der Hochwassserschutzeinrichtung „Polder Söllingen/Greffern“ liegen. Bei kleineren und größeren ökologischen Flutungen und bei Retension, das heißt „Volleinstau“ können sich die „Schwimmkörper“, auf denen die PV-Module befestigt sind, aus ihren Befestigungen lösen. Das hätte zur Folge, dass die Schwimmkörper die Auslaufbereiche vier Teilpolder blockieren. Somit wäre der Polder nicht oder nur noch teilweise funktionsfähig.
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PRESSEMITTEILUNG
In einem Schreiben an den Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Dr. Robert Habeck, fordert Landrat Dr. Christian Dusch eine Überprüfung der Restriktionen beim Ausbau von Fotovoltaik-Anlagen auf Kies-Seen. Der zügige Ausbau der erneuerbaren Energien ist aus Sicht des Landrats eine der aktuell größten Herausforderungen, um dem Klimawandel, aber nun auch der Energiekrise zu entgegnen. Der Landkreis Rastatt sieht derweil großes Potential im Bereich der erneuerbaren Stromerzeugung, das in den kommenden Jahren nun auch aktiviert werden müsse.
Neben der Windkraft sei dies am Oberrhein vor allem die Fotovoltaik, schreibt der Landrat in dem Brief an Minister Habeck, der zusätzlich an Ministerin Steffi Lemke vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie Ministerin Thekla Walker vom Landesministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft gerichtet wurde.
Weiter wird in dem Schreiben ausgeführt, dass gegenüber den üblichen Freiflächenvoltaikanlagen, die sich im dicht besiedelten und genutzten Mittelbaden auch oft im Konflikt mit anderen Nutzungen sehen, die sogenannten Floa-ting-Fotovoltaik-Anlagen zunehmend in den Fokus drängten. Erste Anlagen wurden bereits in Deutschland erfolgreich installiert. Sie bieten technologische Vorteile etwa bei der Effizienz und haben gegenüber der Landnutzung auf Wasserflächen deutlich mehr Flächenpotential und damit eine höhere installierte Nennleistung.
Gerade künstliche Seen wie Baggerseen seien hierfür prädestiniert, schreibt Landrat Dr. Dusch weiter. Erste Projekte würden im Landkreis Rastatt durch die Standortkommunen und die Kieswerksbetreiber aktiv vorangetrieben. Der Landkreis Rastatt habe sich frühzeitig unterstützend in die Planungen eingebracht, um die anstehenden Plan- und Genehmigungsverfahren so effizient wie möglich zu gestalten. Das auf Bundesebene im Sommer beschlossene sogenannte Osterpaket, das den zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien zum Ziel hatte, behindere den Ausbau dieser Stromerzeugungsart jedoch erheblich.
Mit Verweis auf einen noch bestehenden Forschungsbedarf hinsichtlich der gewässerökologischen Auswirkungen einer schwimmenden Fotovoltaik-Anlage habe man die Ausbauflächen erheblich beschnitten. So dürfen zukünftig nur noch 15 Prozent der Wasserfläche mit einer solchen Anlage bedeckt werden.
„Diese gesetzlichen Vorgaben machen uns eine beschleunigte Genehmigung sehr schwer. Dafür sind die Fotovol-taik-Anlagen auf Baggerseen nur ein Beispiel”, erklärt Landrat Dr. Dusch in einer Stellungnahme. In diesem Zusammenhang beschreibt er einen konkreten Fall, der die Problematik verdeutlicht: In vorbildlicher Weise bemühten sich die Gemeinde Durmersheim und die Wilhelm Stürm-linger & Söhne GmbH & Co. KG um den Ausbau der Foto-voltaik auf dem Stürmlinger See. Die gesetzliche Neuregelung hat zur Folge, dass die installierbare Nennleistung gegenüber den bisherigen Planungen von 27 Megawatt-Peak (MWp) auf rund 13,4 MWp reduziert werden müsste. Mit MWp wird die Maximalleistung der Anlage beschrieben.
„Diese einschneidende Regelung führt dazu, dass die Bemühungen zu einem signifikanten Ausbau der Erneuerbaren Energien in unserer Region deutlich ausgebremst werden. Das ist angesichts des diesjährigen Sommers als Sinnbild unseres Klimawandels und der akuten Energiekrise nicht nachvollziehbar”, schreibt Landrat Dr. Dusch.
Der Vorhabenträger hatte sich an Bundeswirtschaftsminister Dr. Habeck und das Land gewandt, um für das Vorhaben in Durmersheim eine Ausnahme von der Flächenbegrenzung zu erreichen. Der Vorhabenträger ist bereit, die gewässerökologischen Auswirkungen im Rahmen eines umfassenden Forschungsprojektes zu untersuchen und hierfür das Projekt in der ursprünglich geplanten Dimension umzusetzen.
Landrat Dr. Dusch unterstützt diesen Vorstoß ausdrücklich und wendet sich daher nun auch schriftlich an Minister Dr. Habeck sowie an Bundesumweltministerin Lemke und Lan-desumweltministerin Walker, um eine solche Ausnahmemöglichkeit, die durch den Landkreis nicht erteilt werden kann, zu erreichen. „Die Bundesregierung hat im Gesetzgebungsverfahren eine Länderinitiative unter Beteiligung des Landes Baden-Württemberg, die sich exakt gegen die jetzt beschlossene Flächenbegrenzung aussprach, mit Verweis auf Forschungsbedarf zurückgewiesen. Ich appelliere an die Entscheidungsträger, diesem Forschungsbedarf mit Blick auf das enorme Ausbaupotential auf unseren Kies-Seen am Oberrhein schnellstmöglich mit konkreten Projekten zu entgegnen. Nur so können die beschlossenen Einschränkungen im Falle einer positiven Klärung baldmöglichst durch den Gesetzgeber wieder aufgehoben werden. Der Landkreis Rastatt steht zum Ausbau der erneuerbaren Energien in unserer Region und will zum Gelingen eines solchen wichtigen Projektes einen aktiven Beitrag leisten”, so das Schreiben weiter.
Landrat Dr. Dusch übt derweil deutliche Kritik an der derzeit gültigen Gesetzgebung. Wörtlich kommentiert er: „Es ist unverständlich, wie man in einem Gesetz zur Steigerung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen Beschränkungen aufnehmen kann, die zu einer geringeren Stromerzeugung auf Baggerseen führen. Man bekommt den Eindruck, dass die Prioritäten nicht geklärt sind.” Die fehlende Umsetzung der von der Politik als notwendig beschriebenen Ziele und Maßnahmen lasse „Zweifel an der Ernsthaftigkeit aufkommen”, so der Landrat weiter.