Zulässige Höchstgeschwindigkeit “Tempo 30 km/h” in Durchfahrtsstraßen

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Behördliche Verkehrsschau, Grundentscheidung bereits seit 2019 bekannt

In regelmäßigen Abständen von zwei Jahren findet auf Wunsch in kreisangehörigen Gemeinden, so auch in Rheinmünster, eine sogenannte behördliche Verkehrsschau statt. Diese dient dazu, Anregungen aus gemeindlichen Gremien, von Einwohnerinnen und Einwohnern und aus der Gemeindeverwaltung mit Bediensteten der für Rheinmünster zuständigen Straßenverkehrsbehörde (Landratsamt Rastatt) und der Verkehrspolizei zu besprechen.

In Rheinmünster werden Anregungen und Vorschläge gesammelt, von der Verwaltung aufgearbeitet, nach Dringlichkeit geordnet und verwaltungsintern abgestimmt. Der daraus entwickelte Aufgabenkatalog wird den beteiligten, zuständigen Behörden bereits einige Wochen vor der Verkehrsschau überlassen und unmittelbar vor der Verkehrsschau gemeinsam besprochen.

Nach der „theoretischen“ Erörterung der Sach- und Rechtslage begeben sich alle Beteiligten zu den verschiedenen Straßenabschnitten, um Anregungen und Vorschläge gemeinsam vor Ort zu erörtern. Hierzu werden Vertreter der Ortschaftsräte, in der Regel deren Vorsitzende, eingeladen.

In Rheinmünster fand die letzte Verkehrsschau im November 2019 statt.

Einen wesentlichen Zeitanteil verwendeten die Vertreter der Straßenverkehrsbehörde der Verkehrspolizei, Bedienstete der Gemeindeverwaltung und Vertreter des Ortschaftsrates Stollhofen, um den Wunsch nach der Einführung von Tempo 30 km/h als zulässige Höchstgeschwindigkeit in der Rastatter Straße im Ortsteil Stollhofen zu erörtern.

Nach den Ausführungen der Fachbehörden ist auch nach der gegenwärtigen Rechtslage die Anordnung von Tempo 30 km/h als zulässige Höchstgeschwindigkeit in der Rastatter Straße nicht möglich. Die Behördenvertreter begründeten bereits während der Verkehrsschau im November 2019 in Anwesenheit von Gemeindevertretern und Angehörigen des Ortschaftsrates, ausführlich die Sach- und Rechtslage bezüglich der nicht möglichen behördlichen Anordnung „Höchstgeschwindigkeit“. Darüber hinaus wurde deutlich gemacht, dass diese Gründe auch für die Ortsdurchfahrten in den Ortsteilen Schwarzach, Hildmannsfeld, Greffern und Söllingen gelten. Bei den dortigen Landes- bzw. Kreisstraßen handelt es sich um sogenannte qualifizierte Straßen. Hier müssen besondere Verkehrsbelastungen vorliegen, um eine Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 30 km/h zu erreichen.

In den (reinen) Wohngebieten lassen die straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen abweichende Regelungen zu. Soweit rechtlich möglich, wurden in allen Wohngebieten und auch in Gewerbegebieten in Rheinmünster „Tempo-30-km/h-Zonen“ eingerichtet.

Der vom Stollhofener Ortsteilgremium erneut im Spätsommer 2020 vorgetragene Antrag auf Tempo 30 km/h in der Ortsdurchfahrt „Rastatter Straße“ wurde der Straßenverkehrsbehörde vorgelegt.

Die Gründe, weswegen der Antrag aus dem Jahr 2020 abgelehnt wurde entsprechen den Ablehnungsgründen aus dem Jahr 2019. Das Schreiben der Straßenverkehrsbehörde ist nachfolgend im Wortlaut abgedruckt.

Antrag auf Tempo 30 im Zuge der Rastatter Straße (L75) in Rheinmünster-Stollhofen
( Höhe Seniorenzentrum)

Sehr geehrte Damen und Herren,

bei einer durchgeführten Verkehrsschau am 07.11.2019 wurde das Thema kurz mit den Fachbehörden erörtert, dabei sind die Fachbehörden übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass weitere Maßnahmen im genannten Bereich nicht erforderlich sind und eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit nicht gegeben ist.

Durch das In-Kraft-Treten der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) vom 22. Mai 2017 wurde die VwV zu § 41 dahingehend geändert, dass die Randnummer 13 — zu Zeichen 274 StVO (zulässige Höchstgeschwindigkeit) hinzugefügt wurde.

Gemäß der Randnummer 13 „Zu Zeichen 274 StVO – zulässige Höchstgeschwindigkeit” ist die Geschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften im unmittelbaren Bereich von an Straßen gelegenen Kindergärten, -tagesstätten, -krippen, -horten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen für geistig oder körperlich behinderte Menschen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäuser in der Regel auf 30 km/h zu beschränken, soweit die Einrichtung über einen direkten Zugang zur Straße verfügen oder im Nahbereich der Einrichtung starker Ziel- und Quellverkehr mit all seinen kritischen Begleiterscheinungen vorhanden ist. Diese gesetzlichen Vorgaben werden aus Sicht der Fachbehörden im Bereich der Seniorenanlage nicht erfüllt.

Zu den örtlichen und baulichen Gegebenheiten ist zu bemerken, dass das Seniorenheim durch einen Sonderweg von der Fahrbahn der L 75 mittels Grünstreifen abgetrennt ist und der unmittelbare Zugang zum Seniorenheim über die Blumenstraße erfolgt.

Zu der geforderten Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h im Bereich der L 75 bleibt festzustellen, dass gemäß § 45 Abs. 9 StVO Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur dort angeordnet werden dürfen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Solche Umstände liegen nach verkehrspolizeilicher, straßenbaulicher sowie straßenverkehrsrechtlicher Bewertung nicht vor.

Unter Abwägung aller Gesichtspunkte besteht kein Handlungsbedarf.

Des Weiteren kann eine Wertung zum Lärmaufkommen ohne Lärmaktionsplan nicht abgegeben werden.

Wir bedauern, Ihnen keine positivere Mitteilung machen zu können.

In Nachbargemeinden konnten verschiedentlich für Ortsdurchfahrten Tempo-Limits auf 30 km/h eingeführt werden. Grundlage hierfür waren die Daten von Verkehrszählungen über längere Zeiträume. Damit wurden alle Verkehrsbewegungen erfasst. Das heißt, mit digitaler Technik wurde gezählt, wie viele PKW und wie viele LKW an welchem Tag, zu welcher Uhrzeit und in welche Richtung in einer Ortsdurchfahrt unterwegs waren. Mit Erfassung und Auswertung der Daten werden erfahrene Fachbüros beauftragt, welche von den Gemeinden zu vergüten sind.

Die Gemeindeverwaltung hat bereits Angebote für Verkehrszählungen in den Ortslagen, welche besonderes vom Durchfahrtsverkehr betroffen sind, angefordert.

Abhängig von der Höhe der Angebote ist für die Beauftragung eines Fachbüros der Gemeinderat zuständig.

Ein vorab wegen eines Kostenvoranschlages angefragtes Fachbüro hat der Gemeindeverwaltung allerdings zu verstehen gegeben, dass die derzeitigen Verkehrsdichten in den meist befahrenen Ortsteilen von Rheinmünster mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausreichen, um über einen jeweils ortsteilsbezogenen Lärmaktionsplanung eine Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von Tempo 50 km/h auf Tempo 30 km/h zu erreichen.

Ungeachtet dessen ist die Gemeindeverwaltung bemüht, Gefahrenquellen, welche vor allem durch unverantwortlich hohe Geschwindigkeit und Lärm verursachende Raser entstehen, zu verringern.

Ausgewählte Themen der Verkehrsschau

Bei der Verkehrsschau im November 2019 wurde beispielsweise die gesetzlich vorgeschriebene Schulwegeplanung erörtert, welche von den beiden Grundschulen und der Realschule in Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung zu erstellen sind.

Angesprochen wurde das Thema „Elterntaxi“ zu den Kindertagesstätten und Grundschulen.

Im Ortsteil Greffern waren Themen die Hauptzufahrt zum Chemiepark und eine sichere fußläufige Verbindung vom LKW-Parkplatz zum Lebensmittelmarkt. Außerdem war der Wunsch, bei der Geschwindigkeitsüberwachung durch „Blitzgeräte“ die „Schichtzeiten“ zu berücksichtigen. Zudem stand auf der Tagesordnung eine Bedarfsampel im Bereich der Zollstraße/Pappelweg, die Ergänzung der Gehwege im Umfeld des Hallenbades und die Umnutzung einer KFZ-Abstellfläche im Bereich des Hafens zu Gunsten von Zweirädern. Abschließendes Thema im Ortsteil Greffern war die Parksituation in der Ringstraße und Zollstraße.

Für den Ortsteil Schwarzach wurde angeregt, die Einmündung des Fuß- und Radweges in die Carl-Zeiß-Straße sicherer zu gestalten, einen Fußgängerüberweg bei den Bushaltestellen in der Haupt-/Leislingstraße zu schaffen und die zulässige Höchstgeschwindigkeit in der Hurst- und Hauptstraße auf Tempo 30 km/h herabzusetzen. Weitere Themen waren die Einmündung Ulmerstraße/Lindenbrunnenstraße, das Halteverbot in der Feuerwehrzufahrt der Bahnhofstraße zur Kindertagesstätte, die Straßenoberfläche beim östlichen Ortseingang Hildmannsfeld, die Verkehrssituation im Gewerbegebiet „Withig“ und die Vorfahrtsregelung bei der Kreuzung Hauptstraße/Hofbühnd/Edeka.

Im Ortsteil Söllingen wurden Behinderungen von sogenannten „Urlaubsparkern“ auf dem Parkplatz vor dem Friedhof erörtert. Zudem die Parksituation in der Rheinstraße und der Schulbusverkehr in Kirch-, Schul- und Kornblumenstraße und der Neuen Straße.

Für den Ortsteil Stollhofen wurde gewünscht, die nördliche Ortseingangstafel zu versetzen. Dann müssten motorisierte Verkehrsteilnehmer ab der Ortstafel die Geschwindigkeit auf höchstens 50 km/h verringern. Nach den Ausführungen der Straßenverkehrsbehörde ist dieser Wunsch leider nicht zu erfüllen. Ortseingangstafeln sind grundsätzlich in Höhe der ersten Erschließungsstraße aufzustellen. Von Seiten des Ortsteilgremiums wurden „Zebrastreifen“ rund um die Kreisverkehrsanlage gewünscht. Die Vertreter der Straßenverkehrsbehörde erläuterten die gesetzlichen Voraussetzungen. Demnach sind Zebrastreifen aufgrund der geringen Anzahl der Fußgängerquerungen nicht durchsetzbar. Die Straßenverkehrsbehörde wird in diesem Bereich eine Verkehrszählung veranlassen.

Erläutert wurde das Anliegen des Vorsitzenden des Ortschaftsrates, im Wohngebiet Kellerfeld, abbiegend von der Blumenstraße in das neue Wohngebiet Bodenwellen einzubauen, welche zu einer Verkehrsberuhigung beitragen sollen. Die Vertreter der Straßenverkehrsbehörde und der Verkehrspolizei begründeten ihre diesbezügliche ablehnende Haltung mit dem Hinweis, dass Bodenwellen besonders für schwächere Verkehrsteilnehmer, beispielsweise Fahrradfahrer und Elektromobile, gefährlich sind. Außerdem wurde aufgrund der überschaubaren Verkehrsbewegungen mit Kraftfahrzeugen der Einbau von Bodenwellen in die Zufahrt zum Wohngebiet Kellerfeld (abbiegend von der Blumenstraße) nicht als erforderlich angesehen. Darüber hinaus befasste sich die Verkehrsschau mit Möglichkeiten zur Herabsetzung der gefahrenen Geschwindigkeit in der Leiberstunger Straße, der Grünfeldstraße und mit der Versetzung des Willkommensschildes in der Leiberstunger Straße. Hier wurde das Ortsteilgremium um einen Standortvorschlag gebeten.

Allgemeiner Hinweis:

Anregungen und Vorschläge zur Verbesserung der Verkehrsführung, zum Standort von Verkehrszeichen, zur Änderung der Vorfahrtsberechtigung usw. können jederzeit an die Gemeindeverwaltung weitergegeben werden. Ansprechpartner ist das Ordnungsamt Herrn Phillip Peter, Telefon 07227 9555-11, E-Mail-Adresse: peterphillip@rheinmuenster.de.