Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR)

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Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR)
Bekanntmachung des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
über die Ausschreibung des Jahresprogramms 2020
vom 17. Mai 2019

Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz schreibt hiermit das Jahresprogramm 2020 zum Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) aus. Grundlage ist die Verwaltungsvorschrift zum Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum – ELR – vom 9. Juli 2014, ergänzt am 19. April 2016 (www.mlr.baden-wuerttemberg.de, Stichwort „ELR” und Gemeinsames Amtsblatt Nr. 5 vom 25. Mai 2016).

  1. Grundsätzliches
    Strukturförderung heißt Lebensqualität erhalten und verbessern. Mit dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) hat das Land Baden-Württemberg über das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz ein umfassendes Förderan-gebot für die strukturelle Entwicklung ländlich geprägter Dörfer, Gemeinden und Städte geschaffen. Voraussetzung für eine Förderung sind kommunale Aufnahmeanträge. Lebendige Ortskerne zu erhalten, zeitgemäßes Leben und Wohnen zu ermöglichen, eine wohnortnahe Versorgung zu sichern sowie zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen sind hierbei die zentralen Ziele. Aktive Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, die interkommunale Zusammenarbeit und Beiträge zum Ressourcen- und Klimaschutz sind von besonderer Bedeutung. Zuwendungsempfangende können neben den Kommunen auch Vereine, Unternehmen und Privatpersonen sein.Von Seiten des Bundes wurde die Gemeinschaftsaufgabe “Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes” (GAK) im Förderbereich „Integrierte Ländliche Entwicklung“ (ILE) mit dem Sonderrahmenplan „Förderung der ländlichen Entwicklung“ deutlich erweitert. Diese Fördermittel stehen in Baden-Württemberg auch über das ELR zur Verfügung.

  2. Förderschwerpunkte 2020
    Innen- und Ortskernentwicklung
    Ziel der Programmausschreibung 2020 ist es, innerörtliche Potenziale optimal zu nutzen, denn Innen- und Ortskernentwicklung sind von zentraler Bedeutung für vitale Städte und Gemeinden. Der Grundsatz “Innenentwicklung vor Außenentwicklung” muss in der kommunalen Baulandpolitik zum Regelfall werden. Gute innerörtliche Bausubstanz ist zu erhalten und zu zeitgemäßem Wohnraum umzubauen. Baufällige Gebäude hingegen können weichen und Platz für Neues schaffen. Deshalb werden im ELR 2020 weiterhin prioritär Investitionen zur Schaffung von privatem Wohnraum gefördert. Etwa die Hälfte der zur Verfügung stehenden Fördermittel wird auch in diesem Programmjahr wieder für den Schwerpunkt “Innenentwicklung/Wohnen” eingesetzt. Dieser Förderschwerpunkt umfasst neben privaten Wohnbaumaßnahmen u.a. auch die kommunale Verbesserung des Wohnumfeldes.
    Im Fokus steht die innerörtlichen Nachverdichtung, also vorrangig Umnutzungen leerstehender Gebäude, Aufstockungen von Gebäuden sowie die Bebauung langjähriger Baulücken im Ortskern. Dies schließt auch Siedlungsflächen aus den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein, sofern diese mit dem Ortskern zusammengewachsen sind und einen entsprechenden Entwicklungsbedarf nachweisen.
    Förderfähig sind sowohl durch den Antragsteller oder Verwandte ersten und zweiten Grades eigengenutzte Wohnungen (Umnutzung, Modernisierung und Neubau) als auch Mietwohnungen zur Fremdnutzung (Umnutzung und Modernisierung). Bauvorhaben im Bestand, die in der Gebäudeeinheit ausschließlich Mietwohnungen oder neben eigengenutzten Wohnungen mehr als eine Mietwohnung enthalten, sind beihilferechtlich als „marktrelevant“ zu betrachten. Eine Förderung ist nur unter den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 nach Nr. 6.3.3 ELR möglich. Weiterhin nicht zuwendungsfähig sind Mietwohnungen zur Fremdnutzung in Neubauvorhaben (Nr. 5.4 ELR), d.h. die nicht durch Umnutzung bestehender Bausubstanz entstehen.

    Flächen- und Wohnraumaktivierung
    Innenentwicklung braucht Strukturen, Dialog und Überzeugung, um einen Veränderungsprozess einzuleiten. Deshalb unterstützt das ELR seit Jahren die Durchführung von Beteiligungs- und Mitwirkungsprozessen (Nr. 5.2 ELR). Dabei hat sich gezeigt, dass der Einsatz eines örtlichen Koordinators als Bindeglied zwischen Bürgerschaft, Planenden und Verwaltung zur Steigerung der Akzeptanz solcher Veränderungsproesse beitragen kann. Die Bereitstellung eines solchen Koordinators kann mit 40 % der zuwendungsfähigen Kosten nach Nr. 5.2 ELR gefördert werden.
    Um die innerörtliche Entwicklung in Gang zu bringen, muss häufig zuerst Platz für eine nachfolgende Neuordnung und Bebauung geschaffen werden. Die Aktivierung innerörtlicher Flächen unterstützt das ELR deshalb durch die Förderung von Zwischenerwerb, Abbruch und Neuordnung.
    Für abgegrenzte innerörtliche Bereiche wird die Förderung der unrentierlichen Ausgaben von Gemeinden bei Erwerb und Baureifmachung zur Weiterveräußerung von Grundstücken angeboten. In der Praxis zeigt sich häufig, dass die Gemeinden trotz der Förderung eine hohe Finanzierungsbelastung haben, die nicht durch Verkaufserlöse abgedeckt werden kann. Um den Anreiz für innerörtliche Flächenaktivierung zu erhöhen, kann der Fördersatz beim unrentierlichen Mehraufwand abweichend von Nr. 6.1.1 ELR von 40 % auf bis zu 75 % erhöht werden.

    Lokale Grundversorgung, Dorfgasthäuser, Metzgereien und Bäckereien
    Neben dem Förderschwerpunkt Innenentwicklung/Wohnen hat der Förderschwerpunkt Grundversorgung weiterhin hohe Priorität. Projekte aus diesem Förderschwerpunkt erhalten einen Fördervorrang. Die Versorgung mit Waren und Dienstleistungen ist und bleibt ein wichtiger Standortfaktor für den Ländlichen Raum. Grundversorgung ist die Deckung der Bedürfnisse der Bevölkerung mit Gütern oder Dienstleistungen des tägli-chen bis wöchentlichen sowie des unregelmäßigen aber unter Umständen dringlich vor Ort zu erbringenden oder lebensnotwendigen Bedarfs. Bei Gütern oder Dienstleistungen, die ihrer Art nach überwiegend regional, das heißt innerhalb eines Radius von 50 km von der Gemeinde, in der die Betriebsstätte liegt, angeboten oder erbracht werden, kann unterstellt werden, dass diese regelmäßig der Grundversorgung dienen. Diese Punkte sind im Aufnahmeantrag der Gemeinde darzulegen und im Formular ELR-5 zu bestätigen.
    Vor allem Dorfläden, Metzgereien und Bäckereien sind wichtige Einrichtungen zur Grundversorgung. Zur Grundversorgung können auch Ärzte, Physiotherapeuten, Handwerksbetriebe u.a. nach den o.g. Bestimmungen zählen. Aufgrund der Bedeutung der Grundversorgung für den Ländlichen Raum ist die räumliche Abgrenzung nach Nr. 4.1 ELR bzgl. des Förderschwerpunkts Grundversorgung analog dem Förderschwerpunkt Arbeiten erweitert.
    Ein besonderes Augenmerk muss auf Dorfgasthäuser gerichtet werden. Die Gastronomie dient besonders im Ländlichen Raum nicht nur der Versorgung und Verpflegung der Bevölkerung, sondern ist für die Menschen vor Ort auch wichtiger Treffpunkt für gesellschaftliche und kulturelle Veranstaltungen. Dorfgasthäuser sind ein Kulturgut, das erhalten werden muss. Sie stärken Lebensqualität und Lebendigkeit unserer Dörfer.
    Durch die zusätzliche Bereitstellung von Fördermitteln über die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) über den Sonderrahmenplan „Förderung der ländlichen Entwicklung“ können Investitionen von Kleinstunternehmen der Grundversorgung und für Einrichtungen für lokale Basisdienstleistungen auf der Basis der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (De-minimis) mit einem erhöhten Fördersatz von bis zu 30 % (ggf. 35 % bei zusätzlichem CO2-Speicherzuschlag) gefördert werden.

    Förderzuschlag bei CO2-Speicherung
    Mit dem ELR sollen zudem bioökonomiebasierte Bauweisen gefördert werden. Dazu zählt die Anwendung ressourcenschonender, CO2 bindender Baustoffe wie Holz. Beim überwiegenden Einsatz nachwachsender Rohstoffe – in der Regel dürfte das vor allem Holz sein -, wird der Fördersatz um 5 %-Punkte erhöht.
    Der Einsatz von CO2 bindenden Baustoffen ist durch eine zusätzliche Erklärung (Formular ELR-9) mit der Antragsstellung zu bestätigen. Der Nachweis erfolgt mit dem Schlussverwendungsnachweis, dem die “Statistik der Baufertigstellungen” (siehe auch https://www.statistik-bw.de/baut/servlet/LaenderServlet) mit Bestätigungsvermerk durch die Gemeinde beizufügen ist.
    Tabelle zur erhöhten Förderung bei CO2 bindenden Baustoffen:

    Förderart Fördersatz max. Förderbeträge
    Nr. 6.1 45 bzw. 55 % max. 750.000 €
    Nr. 6.2 35 % Umnutzung: max. 55.000 € pro Wohneinheit (WE)
    Modernisierung und Baulückenschluss: max.
    25.000 € pro WE
    allg.: max. 125.000 €
    Nr. 6.3.1.1 35 % max. 200.000 € unter Beachtung von De-minimis
    bei Kleinstunternehmen der Grundversorgung und
    bei Einrichtungen für lokale Basisdienstleistungen
    Nr. 6.3.1.2,
    und 6.3.1.3
    max. 15 bzw. 20 % max. 250.000 €
    Nr. 6.3.3 max. 15 bzw. 20 % max. 200.000 €

    Sonstiges
    Im Förderschwerpunkt Arbeiten soll vorrangig die Entflechtung störender Gemengelagen im Ortskern gefördert werden, zum Beispiel die Verlagerung eines emissionsstarken Betriebs in das nahegelegene Gewerbegebiet. Die frei werdende innerörtliche Fläche kann dann anschließend einer nachbarschaftsverträglichen Nachnutzung zugeführt
    werden.
    Die Förderung von Modernisierung und Umbau von Rathäusern und Kindergärten ist im Zusammenhang mit Anpassungsmaßnahmen und Restrukturierungen in strukturschwachen Ländlichen Räumen möglich. Ein Beispiel hierfür ist das Zusammenlegen von mehreren kommunalen Einrichtungen, um Synergien zu erzielen und die Folgekosten zu minimieren.
    Gemeinschaftseinrichtungen wie Mehrzweckhallen werden nur noch gefördert, wenn sie der Innen- und Ortskernentwicklung dienen. Dabei wird die Förderung auf Bestandsgebäude konzentriert und auf max. 500.000 € begrenzt, es sei denn der Förderzuschlag zur CO2-Speicherung kommt zur Anwendung.

    EFRE-Innovationsinfrastrukturen
    Auf der Grundlage des EFRE-Programms Baden-Württemberg 2014 – 2020 “Innovation und Energiewende” können im Maßnahmenbereich “Innovationsinfrastruktur” die Errichtung und der Ausbau von regionalen Innovationsinfrastrukturen gefördert werden. Aufnahmeanträge von Städten und Gemeinden sind möglich nach Nr. 6.1 ELR, für Innovationsinfrastrukturen, die im Ländlichen Raum nach Landesentwicklungsplan liegen und aus einem prämierten Regionalen Entwicklungskonzept einer WIN-Region entwickelt sind. Der Fördersatz beträgt 50 %. Die zuwendungsfähigen, zur Kofinanzierung vorgesehenen Ausgaben müssen mindestens 200.000 € betragen. Die Fördersumme ist auf max. 750.000 € begrenzt. Für das Auswahlverfahren im Rahmen des Jahresprogramms 2020 ist eine formlose Beschreibung mit folgenden Punkten und Unterlagen vorzulegen:

    • Antragsteller / Zuwendungsempfänger und weitere Beteiligte
    • Vorgesehene Nutzung und Nutzergruppen, Baupläne
    • Kosten und Finanzierung der Investition
    • Kosten und Finanzierung des Betriebs
    • Formular geplante Zielbeiträge

    Für weitergehende Informationen wird auf www.efre-bw.de unter Förderung/Innovationsinfrastruktur verwiesen. Die möglichst frühzeitige Abstimmung mit dem für die Aufstellung des Jahresprogramms zuständigen Regierungspräsidium ist zu empfehlen.

  3. Verfahren
    Voraussetzung für die Aufnahme in das Jahresprogramm 2020 ist ein kommunaler Aufnahmeantrag mit aktuellen Darlegungen zur strukturellen Ausgangslage und zu den Entwicklungszielen. Der Zusammenhang zu den geplanten Einzelprojekten ist darzustellen. Ein Aufnahmeantrag kann auf der Ebene von Teilorten, von Gemeinden oder von interkommunalen Zusammenschlüssen gestellt werden und enthält alle in seinen Bereich fallende Einzelprojekte. Diese sind im Formular ELR-1/3 entsprechend der Priorität aufzulisten.
    Die einzelnen Projektbeschreibungen sind Bestandteile des gemeindlichen Aufnahmeantrags. Die Projektbeschreibung für wohnraumbezogene Projekte (Formular ELR-4) beschreibt das Projekt aus gemeindlicher Sicht. Bei der Formulierung der Projektbeschreibung zu Investitionen von Unternehmen (Formular ELR-5) stimmen die Gemeinden insbesondere die Angaben zur Unternehmensgröße, zur Zahl der Mitarbeiter sowie zum vorgesehenen Durchführungszeitraum mit dem Unternehmen ab und lassen diese Angaben durch Mitzeichnung des Unternehmens bestätigen.
    Stellt eine Gemeinde Aufnahmeanträge für unterschiedliche Bereiche, so müssen auch die Aufnahmeanträge zueinander in eine Rangfolge gebracht werden.
    Es wird darauf hingewiesen, dass die erforderlichen Unterlagen zur Antragsstellung vollständig vorliegen müssen, damit die Anträge bearbeitet werden können (siehe Formular ELR-1/1).
    Auf den Stufen des Auswahlverfahrens (Gemeinde-, Landkreis-, Regierungsbezirk- und Landesebene) werden die kommunalen Aufnahmeanträge im Sinne eines landesweiten Wettbewerbs in eine Rangfolge gebracht. Insbesondere auf Landkreisebene ist die strukturelle Ausgangslage mit Bezug auf die Bedürftigkeit der Gemeinde (z. B. Bevölkerungsentwicklung, Steuerkraftsumme, Einwohner pro ha Siedlungsfläche) und die strukturelle Bedeutung der beantragten Projekte bei der Priorisierung der Aufnahmeanträge zu würdigen.
    Die für die Antragstellung notwendigen aktuellen Formulare sind unter der Internetadresse https://rp.baden-wuerttemberg.de/Themen/Land/ELR/Seiten/ELR-Antragstellung.aspx abzurufen.
    Die Anträge auf Aufnahme in das Förderprogramm sind durch die antragstellenden Städte und Gemeinden

    bis zum 30. September 2019

    je zweifach der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde und der Bearbeitungsstelle im Regierungspräsidium vorzulegen. Die Rechtsaufsichtsbehörde legt eine Fertigung zusammen mit der kommunalwirtschaftlichen Stellungnahme zu den kommunalen Projekten bis zum 31. Oktober 2019 der zuständigen Bearbeitungsstelle im Regierungspräsidium vor.